Markus Jöckel (Asbach) zieht das Resumee aus seinen Infoveranstaltungen:
Nach vier Veranstaltungen zum Thema ÖPNV im Ländlichen Raum kann ein erstes Fazit gezogen werden: Leider waren die Veranstaltungen nicht besonders gut besucht und es gab auch kaum Nachfragen oder ein größeres Interesse dazu. Gerade im ländlichen Raum hat sich der Autoverkehr extrem manifestiert – trotz hoher Anschaffungskosten (auch und gerade für E-Autos!) und permanent hoher Spritkosten. Eine Bevorzugung der Schnelligkeit und Einfachheit um jeden Preis scheint hier normal geworden zu sein.
Die Aspekte Natur- und Umweltschutz scheinen für die Menschen vor Ort ebenfalls kaum eine Rolle zu spielen. Auch das gemeinschaftliche Erleben bei Tagesausflügen mit öffentlichen Verkehrsmitteln in der Gruppe oder im Verein oder mit der Familie scheint keine Rolle zu spielen. Lediglich ältere Menschen und Senior:innen machen sich Gedanken über ihre Mobilität im Alter und zu den Kosten. Und natürlich diejenigen, die aufgrund eines nicht vorhandenen Führerscheins eh „gezwungen“ sind, den ÖPNV zu nutzen. Wirklich freiwillig oder aus Überzeugung nutzen nur wenige Menschen den ÖPNV.
Im Rahmen der Diskussion fallen vor allem folgende Dinge auf:
- Eindeutige Fehler in der RMV-OnDemand-App wurden auch 8 Wochen nach Meldung und der Bitte, die Fehler zu beseitigen nicht berücksichtigt! Hier setzt die DADINA mit der RMV-App wohl auf das falsche Pferd. Ein System mit festen Linien und einfachem Anruf zur Buchung scheint hier besser zu sein als der Rufbus per App, der mit dem Konstrukt aus Linie, Rufbus und kostenfreien und (teuer!) zu bezahlenden Routen nur für Verwirrung gesorgt hat. Die zu komplexen Infos und die Flyer kamen nicht an, Bodenaufkleber waren nach 4 Wochen nicht mehr da, eine bessere Werbung vor Ort z.B. mit Bierdeckeln in Lokalen findet nicht statt.
- Senior:innen sind wenig bis gar nicht über die Möglichkeiten zur Kostenersparnis (Deutschlandticket oder Hessenticket) informiert und bezahlen noch immer zu viel Geld für Einzeltickets und sind umgekehrt dadurch auch nur selten mit dem ÖPNV unterwegs. Gerade unter den sozialen und psychischen Aspekten wie Vereinsamung oder Depressionen besteht hier Handlungs- und Informationsbedarf!
- Es kommt immer öfter zu Beschwerden über den Abbau von Fahrkartenautomaten, obwohl diese eigentlich immer weniger genutzt werden oder oftmals schlichtweg überflüssig sind, da es günstigere oder einfachere Alternativen wie D-Ticket oder Hessenticket gibt.
- Gerade im ÖPNV sind oft die Hürden zu hoch. Unnötige Registrierungen für Rufbus-Systeme oder der Zwang zur Digitalisierung schließen ältere Menschen aus (keine gedruckten Fahrpläne mehr, Nutzung von Smartphone und Apps oder Internet zur Buchung oder Recherche von Fahrten ist unumgänglich). Hier fehlen Informationen über nicht-digitale Angebote (Hessenticket und D-Ticket sind z.B. auch als Chipkarte ohne Handy und Internet erhältlich!). Auch vereinfachte Buchungen ohne vorherige Registrierung und deutlich günstigere Bezahlung für Rufbus-Systeme sind nötig!
- Vor allem in Ortsteilen abseits der Hauptverkehrswege sind die Menschen vom ÖPNV oft ausgeschlossen oder es finden zu wenige oder nur selten Fahrten statt (vor allem am Wochenende oder abends). Hier muss gegengesteuert werden, um ältere Menschen und Familien im lebenswerten ländlichen Raum zu halten. Vor allem Rufbus-Systeme bieten hier deutliche Vorteile durch Attraktivität, Flexibilität und kostengünstige Mobilität bis in die Nacht hinein!
- Eine Untersuchung von Greenpeace (www.greenpeace.de/publikationen/abgehaengt-oepnv-qualitaet-in-deutschland) zeigt die Situation in den Gemeinden und Städte sehr deutlich und gut vergleichbar auf: maps.greenpeace.org/maps/gpde/oepnv-qualitaet/
- Das Thema ÖPNV findet in der Gesellschaft nicht oder kaum statt. Weder in den gemeindlichen Parlamenten noch auf Ebene der Bürgermeister:innen erfolgt regelmäßig eine Information noch ein Austausch oder eine Abstimmung zum gemeinsamen Vorgehen für Synergieeffekte oder ein starkes Auftreten gegenüber den Verkehrsbetrieben statt. Politiker:innen und kommunale Verwaltungen zeigen (bis auf wenige Ausnahmen!) zu wenig Interesse für das Thema. Und auch christliche Kirchen, die sich ja eigentlich der „Bewahrung der Schöpfung“ verschrieben haben, zeigen hier wenig Interesse oder widmen sich dem Thema zu wenig.
Fazit: Meine Grundschullehrerin hat mir einst ins Poesiealbum ein Zitat geschrieben, das wunderbar zum Thema ÖPNV (und vielen anderen Bereichen auch) passt:
„Jeder möchte die Welt verbessern und jeder könnte es auch,
wenn er nur bei sich selber anfangen wollte.“ Karl Heinrich Waggerl
In diesem Sinne: trauen Sie sich, öfter mal auf Bus und Bahn umzusteigen. Nur wenn der ÖPNV (mehr) genutzt wird, wird das Thema in Gesellschaft und der Politik sichtbarer und besser wahrgenommen werden.
Dipl. Des. Markus Jöckel, Modautal-Asbach, www.pear-design.net